Imagevideo für Sekundarschule stellt sich als Wahlkampfvideo heraus / 25.08.20
Imagevideo für Sekundarschule stellt sich als Wahlkampfvideo heraus
Im Herbst sollen die Eltern der Mindener Grundschulklassen 3 und 4 befragt werden, ob sie ihr Kind zum Schuljahr 2021/22 an der neuen rund 20 Mio. € teuren Sekundarschule in Häverstädt anmelden würden (Konjunktiv!). 75 positive Rückmeldungen braucht die Stadt um die Planungen zur neuen Sekundarschule fortzusetzen, soll sie doch die auslaufende Hauptschule Todtenhausen und die Käthe-Kollwitz-Realschule zusammenführen und am neuen Standort in Häverstädt ersetzen.
Warum sollten die Eltern sich für diese neue Schule aussprechen? Was zeichnet diese Schule aus? Was macht sie einzigartig in Minden, dass Eltern ihr Kind gerne an der Schule anmelden möchten? Nichts!
Die Arbeitsgruppe, die das pädagogischen Konzept für die der neuen Schule erstellt hat, zeichnete sich durch die hohe Fluktuation ihrer Mitglieder aus. Ein schlechtes Zeichen und oft ein Hinweis auf die große Unzufriedenheit der Mitarbeitenden. Auch durch das Hinzuziehen eines externen Beraters kam an Ende ein 0815-Konzept ohne Schwerpunktbildung und ohne Herzblut heraus. Man hatte die Chance, mit einem Budget von 20 Mio. € etwas ganz besonderes für die Mindener Schüler*innen auf die Beine zu stellen, vertan.
Im letzten Bildungsausschuss am 02. Juni wurde noch einmal der Auftrag an die Arbeitsgruppe gegeben, einen Schwerpunkt, ein "Alleinstellungsmerkmal" herauszuarbeiten. Ergebnis nach gut drei Monaten: Eine 23-seitige chice Broschüre und ein dreiseitiges Konzept-Papier in großer Schrift - inhaltsleer, hingeklatscht: Sekundarschule, intergierte Form, alle Abschlüsse, inklusive Schule, individualisiertes Lernen, rhythmisierter Ganztag, längere Lernphasen, multiprofessionelle Teams, Fach-, Methoden-, Sozialkompetenz etc. - alles Dinge, die jede beliebige andere Schule auch macht. Also warum sollte man sein Kind nun ausgerechnet an dieser Schule anmelden? Eine gute Frage.
Die Forderung der Stadtverordneten Claudia Herziger-Möhlmann, die finanziellen Mittel zu nutzen um der Sekundarschule den Schwerpunkt "Digitalisierung und Technik" in Kooperation mit dem Handwerk und der Wirtschaft zugeben, moderne Lüftungstechnik mit effizieneter Energienutzung zu planen, alle Räume mit Waschbecken und Desinfektionsspendern auszustatten und Räume für Technik, Versuche und AGs einzuplanen wird vom Kämmerer auf einen späteren Diskussionszeitpunkt verschoben. Unwichtig.
Auch der Hinweis einer Mutter eines Kindes mit Handicap, sie könne in der 23-seitigen Broschüre zur Sekundarschule nicht erkennen, ob die Schule für ihr Kind geeignet ist, da die Inklusion mit nur einem Satz erwähnt wird, wird ohne Kommentar zur Kenntnis genommen. Weiter geht's.
Dafür soll ein mit vielen Ehrenamtlichen erstelltes Imagevideo den Eltern bei Ihrern Entscheidung auf die Sprünge helfen. Sie sollen im Video die Vorzüge der Schule, ihren Geist erkennen. Tun sie das? Welche Geist denn? Was sieht man in dem Video? Zugegeben einen tollen, sympathischen Sänger. 4 Minuten und 26 Sekunden lang sieht man reitende Kinder, paddelnde Kinder, den Vorsitzenden des Behindertenbeirates Eckard Rüter (FDP), der sich in Gebärdensprache mit einem Mädchen unterhält. Wir sehen schwimmende Kinder, Werbung für die Weserpromenade und die Schiffsmühle, Sabine Fecht (CDU), die ehemalige Bildungsbeigeordnete Regina Stieler-Hinz, die Minden längst verlassen hat, und Mindens amtierenden Bürgermeister Michael Jäcke (SPD).
Es ist ein Wahlwerbevideo für verschiedene Parteien zur Kommunalwahl geworden finanziert aus dem Mitteln des Schulbüros, die für Bildungszwecke vorgesehen sind!
Das Video soll das Konzept der neuen Schule vorstellen und Eltern helfen, sich bei der Befragung zu entscheiden. Was genau aber sagt dieses Videos über das Angebot und die Qualität der neuen Sekundarschule aus? Nichts. Was haben Eckard Rüter, Sabine Fecht und Michael Jäcke mit dem Angebot der Schule zu tun? Nichts. Halten sie dort Unterricht? Nein. Warum also sind Vertreter einiger politsicher Parteien in diesem Video zu sehen?
Das i-Tüpfelchen in der Debatte liefert dann Sabine Fecht (CDU), Vorsitzende im Bildungsausschuss der Stadt Minden: Nach der Präsentation des Videos im Ausschuss herrscht Ruhe im Sitzungssaal. Keine Reaktion, kein Applaus. Das hatte man wohl anders erwartet. Claudia Herziger-Möhlmann, BBM-Bürgermeisterkandidatin meldet sich als erste zu Wort. Sie mahnte an, dass das Video zwar ein nettes Wahlwerbevideo für die Groko sei, aber mit mehr auch nicht. Dafür wird sie von der Ausschussvorsitzenden Fecht ermahnt "Sie sind im Wahlkampfmodus, das gehört hier nicht hin." Genau liebe Ausschussvorsitzende, Wahlkampf gehört nicht in den Ausschuss und auch nicht in ein Video, dass Eltern eine neue Schule schmackhaft machen soll.
Ein tolles, einzigartiges Konzept für die neue Schule bräuchte nicht so viel Augenwischerei, eine dicke Broschüre und ein inhaltsleeres Videos. Sie würde aus der Idee heraus überzeugen.
Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=fRGqruHCdec